Änderungen im deutschen Jugendschutzgesetz

#1
Wie vom Bundestag mit der Mehrheit von SPD und CDU/CSU beschlossen, tritt in Deutschland am 1. Juni 2008 ein erweiteres Jugendschutzgesetz in Kraft (wir berichteten). Die Opposition aus den Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen hat dagegen gestimmt.

Begründet wird die Gesetzesänderung explizit mit den "tragischen Ereignissen[n] in Emsdetten in November 2006" und hat eine Evaluation des Jugendschutzgesetzes und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (beide 2003) des Hans-Bredow-Instituts zur Grundlage.
Für diese erste Novellierung hat man sich, so die SPD Fraktion, "die Punkte herausgegriffen [...], die sich unproblematisch realisieren ließen" - aus diesem Grund wurden auch die Testkäufe, die vor allem Ursula von der Leyen sehr am Herzen lagen wieder gestrichen - und vieles, vor allem der Onlinebereich, noch außen vor gelassen. Die Fraktion der CDU/CSU betont auch, dass diese Änderung erst ein Zwischenschritt sei und es sicherlich noch zu weiteren notwendigen Anpassungen kommen wird.

Die Änderungen im Einzelnen

1. Der Katalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien, die kraft Gesetzes indiziert sind, wird im Hinblick auf Gewaltdarstellungen erweitert.

2. Die im Gesetz genannten Indizierungskriterien in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen werden erweitert und präzisiert.

3. Die Mindestgröße und Sichtbarkeit der Alterskennzeichen der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle werden gesetzlich festgeschrieben.

Die neu geregelten Größen der Kennzeichen der FSK und USK sollen "so groß sein, dass sie dem Verkaufspersonal und auch den Eltern ins Auge springen." Aus diesem Grund ist eine deutlich größere Fläche jetzt vorgeschrieben und auch eine Platzierung auf der Vorderseite der Medien Pflicht. Bisher war die Altersfreigabe in Deutschland fast ausschließlich auf der Rückseite zu sehen.

Wie das in der Realität aussehen wird, verdeutlicht unten stehendes Beispiel von digital-movie.de.

Weiterhin wird der Verbotskatalog für schwer jugendgefährdende Trägermedien, die kraft Gesetzes indiziert sind, um besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt, die das Geschehen beherrschen erweitert. Auch ohne explizite Indizierung durch die BPjM gibt es für entsprechende Trägermedien bereits weit reichende Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverbote.

Zuletzt wurden auch die Vorgaben für die BPjM erweitert, aufgrund welcher sie zu überprüfen haben ob ein Film oder Spiel indiziert werden muss. Als Kriterium neu hinzugekommen sind Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen, die selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz, welche als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahegelegt wird.

Gegenstimmen der Opposition

Die Fraktion der FDP lehnte dieses Gesetz ab. Von den drei Maßnahmen können sie nur die Veränderung der Kennzeichnung tendenziell begrüßen, fragen sich aber, ob dafür überhaupt ein Gesetz notwendig ist. Besonders kritisch sieht man die Erweiterung der Indizierungskriterien. "Deutschland verfüge über ein gut funktionierendes System der freiwilligen Selbstkontrolle und es sei zu befürchten, dass dieses mit der [...] Erweiterung der Indizierungskriterien konterkariert werde, denn die Aufnahme dieser Kriterien könne die freiwillige Selbstkontrolle auch überflüssig erscheinen lassen." Ebenfalls kritisieren sie, dass es sich bei der Änderung nur um einen Teilschritt handelt und der Onlinebereich ausgeklammert sei. Hier sehen sie tatsächlichen Handlungsbedarf.
Auch wurde eine wichtige Empfehlung des Hans-Bredow-Instituts, nämlich "Medienkompetenz in der Schule effektiv zu vermitteln und auch die Eltern besser zu schulen", nicht beachtet.

Die Fraktion DIE LINKE schloss sich den Ausführungen der FDP an und betont vor allem die Wichtigkeit, Medienkompetenz zu stärken. Weiterhin "hätten durchgeführte Studien bestätigt, dass im Medienbereich Verschärfungen und Verbote nicht zielführend seien. Die Regelungen zur Alterskennzeichnung schließlich würden größtenteils wirkungslos bleiben, da der hauptsächliche Vertrieb über das Internet und auch unter der Ladentheke erfolge."

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnet die jetzigen Änderungen als Schmalspurentwurf. "Die vergrößerten Altershinweise seien sicherlich sinnvoll; allerdings hätten das Hans-Bredow-Institut und andere auch eine bessere Verständlichkeit angemahnt."
Weiterhin ist man der Auffassung, "dass die bestehende Sanktionierung gewaltverherrlichender Computerspiele durch § 131 des Strafgesetzbuchs völlig ausreiche. Die neuen Gewaltbegriffe [...] seien demgegenüber zu unbestimmt." Gesetzesverschärfungen seien nicht erforderlich. Allerdings habe die Evaluation des Hans-Bredow-Instituts ergeben, dass Umsetzungs- und Kontrolldefizite bestünden. Ihnen fehlen Verfahren zur Indizierung von Telemedien, sie finden es "beschämend, dass Verstöße gegen den Jugendschutz mit kaum spürbaren Geldstrafen belegt seien" und es müsse überlegt werden, ob das Suchtpotential von Spielen bei der Alterseinstufung berücksichtigt werden soll.

Stellungnahme der FSK

Die FSK hält die bisherige Angabe der Altersfreigabe auf der Rückseite für ausreichend und sagt, dass sich diese Form in den letzten 25 Jahren bewährt hat und jeder Käufer stets die Hüllen wendet, um die Verbraucherinformationen (Filmlänge, Extras und eben auch die FSK-Freigabe) auf der Rückseite in Erfahrung zu bringen. Auch kritisieren sie, dass durch die Kennzeichnung auf der Vorderseite das häufig besonders aufwändige Artwork der Hüllen zerstört wird.

Durch die Neuregelung "entsteht zudem der Eindruck, dass nicht mehr die Information über die Altersfreigabe im Focus steht [...], vielmehr drängt sich geradezu der Vergleich mit den Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln auf. Die Information zur Altersfreigabe auf Bildträgern ist aber keinesfalls mit der unbestrittenenen Gesundheitsschädlichkeit von Zigaretten vergleichbar. Eine solche symbolische Gleichbehandlung von Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln und Alterskennzeichen auf Bildträgern erachten wir als [...] unverhältnismäßig."

Zu den Gewaltdarstellungen schreibt die FSK, dass die bereits "bestehende Unterscheidung zwischen einfacher und schwerer Jugendgefährdung [...] in der Prüfpraxis schon jetzt zu einem erheblichen Abgrenzungsaufwand" führt und "bei der FSK sehr sorgfältig vorgenommen wird." "Der Bereich Gewaltdarstellungen im Rahmen des gegenwärtigen gesetzlichen Beurteilungsspielraums kontinuierlich als maßgeblicher Schwerpunkt behandelt."

Anmerkung: Die FSK darf Filmen mit schwerer Jugendgefährdung im Kino keine Freigabe erteilen. Für die DVD-Auswertung dürfen sie auch Filme mit leichter Jugendgefährdung nicht kennzeichnen. Inhaltliche Begründungen und Begrifflichkeiten findet man auf der Seite der FSK. Darf keine FSK-Freigabe vergeben werden, kann ein Gutachten der SPIO/JK eingeholt werden.

Die FSK sieht "für eine weitere gesetzliche Ausdifferenzierung des bereits komplex geregelten - im europäischen Vergleich - sehr hohen Schutzniveaus [...] keinerlei Bedarf. Die Einführung eines weiteren unbestimmten Rechtsbegriffes der 'Gewaltbeherrschtheit' würde lediglich ein zusätzliches auslegungsbedürftiges Kriterium schaffen. Zu größerer Bestimmtheit in der Prüfpraxis würde der Gesetzesvorschlag nicht führen.

So hat auch der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates angemerkt, dass die Einführung des vorgeschlagenen Begriffs zur Rechtsunsicherheit führen würde, weil er zu interpretationsfähig und subjektiv geprägt sei.

"In der jahrzehntelangen Spruchpraxis der FSK hat sich außerordentlich bewährt, Filme als integrale Werke in Bezug auf ihre Gesamtwirkung zu beurteilen. [...] Deshalb halten wir es in keiner Weise für angemessen, Filme einer quantitativen und kontextlosen Beurteilung von Gewaltsequenzen zu unterziehen, wie es der Kabinettsbeschluss beabsichtigt.

Wie viele Minuten eines Film dürfen oder müssten Gewalt zeigen, damit er als 'von Gewalt beherrscht' beurteilt würde? Wie wäre die Brechung, die kritische Darstellung von Gewalt oder ihre Reflexion quantitativ zu beurteilen? Bei Antikriegsfilmen und kriegsverherrlichenden Filmen z.B. würde eine quantitative Beurteilung des Gewaltgehaltes notwendigerweise ins Leere laufen, weil beide Genres Gewalt zeigen, dies aber mit vollkommen unterschiedlicher Intention."

Die FSK kritisiert auch die neuen Entscheidungskriterien für eine Indizierung, da sie zum einen bereits lange Spruchpraxis der FSK sind und auch regelmäßige Gespräche zwischen FSK, den Ständigen Vertretern der obersten Landesjugendbehörden bei der FSK und der BPjM statt finden. Auch können die Prüfer "nachvollziehbarer- und legitimerweise" zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. "Eine Prüfung aufgrund eines objektiven Kriterienkatalogs, bei der Tatbestände 'abgehakt' würden, ist nicht möglich."

Die FSK betont auch noch, dass der Gesetzgeber "bisher bewusst und sachgerecht den Beurteilungsspielraum bei den zuständigen Gremien der FSK und der BPjM belassen" hat.

Die FSK nimmt auch noch einmal zum bereits seit 2003 kritisierten Problemen bei öffentlichen Vorführungen Stellung, die hier weniger relevant sind.

Jugendschutzgesetz

Angezeigt werden nur die betroffenen Stellen. Die fett markierten roten Stellen sind neu hinzugekommen.


§ 12 Bildträger mit Filmen oder Spielen

(1) ...

(2) Auf die Kennzeichnungen nach Absatz 1 ist auf dem Bildträger und der Hülle mit einem deutlich sichtbaren Zeichen hinzuweisen. Das Zeichen ist auf der Frontseite der Hülle links unten einer Fläche von mindestens 1200 Quadratmillimetern und dem Bildträger auf einer Fläche von mindestens 250 Quadratmillimetern anzubringen. Die oberste Landesbehörde kann

1. Näheres über Inhalt, Größe, Form, Farbe und Anbringung der Zeichen anordnen und
2. Ausnahmen für die Anbringung auf dem Bildträger oder der Hülle genehmigen.

Anbieter von Telemedien, die Filme, Film- und Spielprogramme verbreiten, müssen auf eine vorhandene Kennzeichnung in ihrem Angebot deutlich hinweisen.

(3) - (4)

§ 15 Jugendgefährdende Trägermedien

(1) ...

(2) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, schwer jugendgefährdende Trägermedien, die

1. einen der in § 86, § 130, § 130a, § 131, § 184, § 184a oder § 184b des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte haben,

2. den Krieg verherrlichen,

3. Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt,

3a. besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen,

4. Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder

5. offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.

(3) - (6)

§ 18 Liste jugendgefährdender Medien

(1) Träger- und Telemedien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien sowie Medien, in denen

1. Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder

2. Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird.

(2) - ( 8 )

Weitere Änderungen in den Gesetzen, die sich nur auf Verweise beziehen werden nicht erwähnt.

In einem neuen § 29a ist eine weitere Übergangsregel formuliert, welche es erlaubt, das Bildträger mit alter Kennzeichnung bis zum 31. August 2008 in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Schlussbemerkung

Was die Bundesregierung mit dieser Erweiterung bezweckt, ist klar. Sie möchten mehr Filme und Spiele leichter und schneller aus den Verkehr ziehen können. Man hat den Amoklauf eines Schülers als Steilvorlage genutzt und sich dann zum Schutz der Jugend nur die "Punkte herausgegriffen [...], die sich unproblematisch realisieren ließen". Zynischer geht es eigentlich kaum. Die Opposition u.a. spricht mehrere Punkte an, die es im Rahmen eines neuen Jugendschutzgesetzes abzuarbeiten gilt, aber scheinbar wäre das für die Regierung zu mühsam - man schiebt es vor sich her. Stattdessen verkompliziert man durch ungeschickte Wortwahl die ohnehin schon ungenau Gesetzeslage und versucht der FSK und BPjM völlig neue Bewertungsmaßstäbe aufzudrücken, die leicht dazu führen können, das die falschen Filme aus den Händlerregalen verschwinden werden.
Die große Koalititon bleibt auch hier ihrer Devise treu, nur sehr oberflächlich und ohne Rücksicht auf Verluste Gesetze zu verabschieden und ja alle kniffligen Entscheidungen vermeiden.

Dass man manche DVD demnächst besser in einem Schuhkarton unterm Bett versteckt und nicht mehr stolz ins Regal stellt, ist wohl absehbar, aber welche Auswirkungen die neue Regelung jetzt auf erwachsene Filmfreunde hat ist noch nicht ganz absehbar. Selbst die FSK, ist sich noch nicht so recht im Klaren darüber, was das ganze jetzt soll. Es ist wohl also zu befürchten, dass man in nächster Zeit erst einmal auf Nummer Sicher geht, bevor man ausreichend Erfahrungen sammeln konnte.

Während sich die Situation nach der letzten Reform im Jahre 2003 für den Konsumenten und auch die Verleiher größtenteils verbesserte, dürfte es ab dem 1. Juni allen hier etwas schlechter gehen.

Quelle: Schnittberichte
 
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#4
Der Kampf geht noch weiter: CSU fordert Strafrecht für Spiele

Die vom Bundestag abgesegnete Verschärfung des Jugendschutzgesetzes geht der bayrischen Justizministerin Beate Merk (CSU) noch nicht weit genug.

Stattdessen seien Herstellungs- und Verbreitungsverbote nötig. "Wir brauchen ein strafrechtliches Verbot von virtuellen Killerspielen. Um solche Gewaltspiele mit ihren negativen Folgen effektiv bekämpfen zu können, muss ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot im Strafrecht geschaffen werden", erklärte Merk. "Nur dann kann es gelingen, derartige Machwerke zurückzudrängen."

Die vom Bundestag beschlossene Neuregelung sei zwar "ein Schritt in die richtige Richtung", reiche jedoch nicht aus.

Merk verweist dabei auf den Gesetzesentwurf Bayerns, der Anfang 2007 in den Bundesrat eingebracht wurde und einen neuen Strafbestand schaffen soll. Darin heißt es: "Dieser erfasst Spielprogramme, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen darstellen und dem Spieler die Beteiligung an dargestellten Gewalttätigkeiten solcher Art ermöglichen."

"Menschenverachtende virtuelle Killerspiele haben eine gewaltabstumpfende Wirkung und können gerade auf labile Personen stimulierend wirken", so Merk.

SPD-Jugendexperte Jürgen Kucharzy hält Totalverbote hingegen nicht für sinnvoll - gerade in Zeiten des Internets. Durch die rasante technische Entwicklung sei es nötig, den Jugendmedienschutz regelmäßig zu überprüfen. Zumal die jetzige Überarbeitung lediglich Offlinemedien betreffe. "In einem nächsten Schritt müssen wir den Online-Bereich unter die Lupe nehmen", sagt Kucharzy.

Quelle: Eurogamer

GAME OVER DEUTSCHLAND :rolleyes:
 
#10
Übersichtsstudie zeigt Schwächen der Untersuchungen zur Wirkung von Computerspielen auf

Forschungsarbeiten zur Wirkung von Computerspielen mit "gewalttätigem" Inhalt gibt es viele. Nun erschien auch eine, welche sich den Schwächen dieser Studien widmet. Darin wird festgestellt, dass viele davon in Laborexperimenten zwar eine Art Gewöhnungseffekt feststellten - sie konnten demnach aber nicht nachweisen, dass die Wahrscheinlichkeit der Gewalttätigkeit bei Kindern zunimmt. Ein internationaler Rechts- und Realitätsvergleich deutet eher auf ganz andere Zusammenhänge hin: So hat etwa Japan über 30 Millionen Computerspieler, aber die niedrigste Kriminalitätsrate der Welt.

Diese Zahl und Statistiken aus Ländern wie Dänemark, wo Jugendliche im Alter zwischen 9 und 16 Jahren täglich 57 Minuten lang spielen, aber zu den weltweit am wenigsten gewalttätigen gehören, ließen dem britischen Forscher Patrick Kierkegaard von der University of Nottingham im International Journal of Liability and Scientific Enquiry jetzt zu dem Schluss kommen, dass das Verhältnis zur Gewalt viel stärker von kulturellen Faktoren und vom Waffenrecht bestimmt sein dürfte, das in Deutschland im internationalen Vergleich unter anderem durch die großzügigen Regeln für Schützenvereine weniger streng ist, als gemeinhin geglaubt.

Q: www.heise.de
 
#11
Interview mit dem Geschäftsführer der USK

Die Novellierung des Jugendschutzgesetzes ist derzeit in aller Munde. Stets im Fokus: Die Arbeit der USK, der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Unscheinbar und leicht versteckt im Berliner Stadtteil Friedrichshain sitzt die Einrichtung, die wir Spieler hauptsächlich durch die rechteckigen Kennzeichnungen auf den Schachteln der Spiele kennen: ab 6, ab 12, ab 16 oder keine Jugendfreigabe, also ab 18 Jahren freigegeben.

Herr Dr. Spieler, wofür sind Sie und die USK offiziell zuständig?

Als Geschäftsführer der USK bin ich Dienstleister, der die obersten Landsjugendbehörden bei der Kennzeichnung von Computerspielen unterstützt. Das heißt, wir bereiten den Prüfvorgang vor, damit der ständige Vertreter der obersten Landsbehörden, der hier in unserem USK-Gebäude auch sein Büro hat, nach Abschluss eines Prüfvorgangs eine gutachterliche Empfehlung zum Akt der Freigabe machen kann.

Das hört sihc vielleicht ein bisschen kompliziert an, aber das ist die offizielle Arbeitsteilung. Die frewillige Selbstkontrolle sorgt dabei für eine möglichst hohe Qualität ihrer gutachterlichen Arbeit, der Staat macht sich dann dieses Ergebnis zu Eigen, und damit wird es gesetzlich bindend. Bis 2003 waren wir ja nur eine Empfehlung für den Einzelhandel, nach den Ereignissen von Erfurt wurden die entsprechenden Gesetze auf den Weg gebracht, um das ganze dann verbindlich werden zu lassen.

Jetzt müssen die Geschäfte sich daran halten, und ein Nichtbeachten führt dann zu entsprechenden Strafen.

Seit wann gibt es die USK und warum ist sie ins Leben gerufen worden?

Die USK ist 1994 entstanden. Zwei Monate vorher hatte sich gerade der Verband der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD) gebildet, der damals einen engagierten Vorsitzenden hatte, und wir sind irgendwann mal zusammen getroffen. Der neu gegründete Verband wollte sich unter anderem mit dem Thema Jugendschutz beschäftigen. Ich selber hatte drei Jahre zuvor eine Computerspiele-Beratungsstelle eingerichtet, und wir haben damals schon relativ viel im Bereich Elternberatung gemacht: Wie sollen Eltern sich beim Softwarekauf verhalten, aber auch wie man mit seinen Kindern zusammen spielt.

Es war Zufall, dass ich die Verantwortlichen des Verbandes damals getroffen hatte, und zu Beginn sollte die USK auch nur ein Halbjahres-Experiment sein.

Was ist der Unterschied zwischen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (kurz BPjM) und er USK?

Die BPjM ist eine staatliche Behörde, das ist die USK nicht. Zweitens sind wir für unterschiedliche Dinge zuständig. Wir prüfen alle Spiele, die in Deutschland erscheinen sollen, gutachterlich und sagen, ab welchem Alter sie für Kinder und Jugendliche unbedenklich sein können.

Die Bundesprüfstelle hingegen guckt nur gezielt, welche Spiele die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gefährden können. Die BPjM wird erst dann aktiv, wenn sie sagen, dieses Spiel ist nicht nur beeinträchtigend in der Entwicklung für Kinder und Jugendliche, sondern gefährdend, während die USK grundsätzlich alle Spiele testet und entsprechende Altersfreigaben vergibt.

Wie sind die Kriterien der genauen Alterseinstufungen entstanden?

Bei der Erarbeitung der Kriterien sind wir einer bestimmten Logik des deutschen Jugendschutzes gefolgt. Bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) gibt es Leute, die sich schon vor langer Zeit Gedanken gemacht haben, was Kindern in welchem Alter zumutbar ist. Das waren unsere ersten Richtlinien.

Außerdem beschäftigen wir uns mit den Studien der Wirkungsforschung und der Sozialisationsforschung. Aber wir denken auch, dass Jugendschutz eine Art kulturelle Grenzerziehung machen muss. So wie der Vater seinem Kind sagt, ich kann dir vielleicht nicht beweisen, dass dich dieses Spiel krank macht, aber ich möchte trotzdem nicht, dass du das spielst. So kann sich auch der deutsche Jugendschutz verhalten.

Wie ist denn der aktuelle Stand der Wissenschaft im Bezug auf Ursache und Wirkung von Computerspielen mit gewalttätigen Inhalten und Auswirkungen auf Jugendliche?

Der aktuelle Stand ist ein bisschen so wie in dem alten Witz: "Der eine sagt so, der andere so", was vor allem an der Begrenztheit der Forschungen liegt. Wenn ich über Wirkungen von Computerspielen reden will, bräuchte man eigentlich Langzeiterhebungen. Man müsste dieselbe Person über einen längeren Zeitraum beobachten.

Kurzzeitige Erhebungen sagen nichts weiter als "jemand, der einen Hamburger isst, wird davon satt". Die Wirkungen sind ja absehbar. Sie kaufen bei Medien fast immer das, was sie wollen. Sie gehen in einen Krimi oder einen Liebesfilm, weil sie genau wissen, was sie da erwartet. Sie wissen, welche Erregungen da bei Ihnen passieren werden.

Die kann ich auch messen, aber das ist nichts Neues. Der Mensch, der sich ein bestimmtes Spiel kauft, wird vermutlich während des Spielens und vielleicht auch noch eine Viertelstunde danach bestimmte Empfindungen haben, möglicherweise sogar Aggressivität. Das bringt uns aber nicht wirklich weiter.

Gibt's denn keine Forschung über längere Zeiträume?

Das fängt erst an. In den USA beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Thema. Ich persönlich würde in Richtung biographischer Forschung tendieren. Mann müsste gemeinsam mit einem Menschen zusammen auf sein Leben zurückblicken und fragen, welche Rolle haben eigentlich Spiele für dein Leben gehabt. Kannst du dich daran erinnern?

Dann würd möglicherweise festgestellt, dass Spiele für die heutige Generation um 30 eine ganz wichtige Rolle gespielt haben, bei der Entwicklung bestimmter Fähigkeiten. Zum Beispiel logisches Denken oder Hand-Augen-Koordination.

Genauso würden auch negative Elemente entdeckt werden, vielleicht eine Isolierung über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Der Vorteil dieser Art von Forschung wäre, dass man vermutlich mehr auf positive Ergebnisse stoßen würde. Auf Menschen, die spielen und aus denen, salopp gesagt, trotzdem etwas geworden ist. Denn Leute, die forschen und über die Verwahrlosung der Spiele berichten, gibt es ja auch schon genug.

Der Kriminologe Professor Pfeiffer zum Beispiel forscht fast nur bei Jugendlichen mit abweichendem sozialen Verhalten. Ihn interessieren die Leute, die sich aus verschiedenen Gründen nicht so verhalten, wie der Mehrheit der Heranwachsenden. Auffällige Jugendliche, die natürlich wie fast alle anderen auch am Computer spielen. Und ich halte es dann für hochproblematisch, wenn da die Auswirkungen, die Spiele bei diesen Menschen haben, als Folie über alle anderen gelegt wird.

Über die Familien, die unter Umständen die Wurzel des aufmerksamen Verhaltens ist, redet dann kein Mensch mehr. Professor Pfeiffer untersucht nur die Symptome. Ich kann genauso gut sagen, es gibt statistisch eine hohe Übereinstimmung zwischen der Abnahme der Raucher und der Abnahme der Schwangerschaften und dann behaupten, es müsste einen Zusammenhang geben.

Warum ist der Jugendschutz in Deutschland, zumindest im Bezug auf dargestellte Gewalt, so auffallend hart?

Ich denke, das hat mit unserer Geschichte zu tun. Wir haben eine Kultur, die bereit war, aus unserer Geschichte zu lernen - und das halte ich erstmal für eine Tugend. Wir haben begriffen: Wer mit Waffen spielt, hat irgendwann ein problem. Ich selber bin damals auch von meiner Mutter verdroschen worden, weil ich mir von Freunden ein Spielzeuggewehr ausgeliehen hatte.

Sie hatte zu viele Männer gesehen, die mit so einem Ding weggefahren und dann in einer Kiste wiedergekommen sind. Deshalb besitzen wir, die Deutschen, eine besondere Sensibilität gegenüber Gewalt und Krieg, denn das hat unser Volk fast kaputtgemacht.

Aber Krieg gab es doch in ganz Europa?

Ja, aber wir waren nicht die Sieger. Für die Sieger war es einfacher, damit klarzukommen. Durch den Krieg hat sich der deutsche Jugendschutz ein bisschen stark auf das Gewaltproblem fixiert. Es gibt auch andere Gefährdungen, die wir allerdings nicht so ernst nehmen.

Zum Beispiel?

Die Fluchtgefährdung. Man flüchtet in virtuelle Realitäten und verlegt seinen Lebensmittelpunkt dahin. Auch das Thema "Bad Language". Ich finde schon, wir sollten etwas mehr Wert darauf legen, dass man in Spielen nicht ständig alle möglichen schmutzigen Wörter benutzt. Trotzdem, wir sind auf Gewalt fixiert, aber ich denke, dass die anderen Länder in den nächsten Jahren nachziehen werden. Wir sind früher dran. Nicht wir müssen unsere Sichtweise entspannen, sondern auch die anderen werden den Jugendschutz anziehen.

Und das aus verschiendenen Gründen. Ich behaupte immer, dass Medium muss zivilisiert werden. Ich behaupte ja nicht, so wie Professor Pfeiffer, Computerspiele sind ein Medium, auf das die Gesellschaft verzichten kann. Das Medium hat gewaltige Potenziale, im Guten, wie im Bösen. Das wird jedem klar, der sich mal in Second Life bewegt hat.

Aber die Gesellschaft kann auf dieses Medium ebenso wenig verzichten, wie auf den Buchdruck. Es muss zivilisiert werden. Die Gesellschaft muss lernen, es zu kontrollieren, aber das kann der Jugendschutz nicht alleine.

Gibt es Zahlen darüber, ob die Gewalt unter Jugendlichen in anderen Europäischen Ländern höher ist, weil der Jugendschutz dort nicht so hart ist?

Wenn überhaupt, mache ich mir Gedanken über Österreich, das im Grunde keinen Jugendschutz hat, sich aber trotzdem im Bereich Jugendkriminalität von Deutschland höchstens positiv unterscheidet. Aber ich glaube, es ist nicht sinnvoll, das so zu betrachten, denn es geht eigentlich um etwas anderes.

Es geht um das Setzen von kulturellen Werten, die Werte der Erwachsenen. Wie schon gesagt, es ist das Recht der Eltern zu sagen, was sie für richtig und was sie für falsch halten. Ich möchte nicht, dass du Tiere quälst, zum Beispiel, egal wem das jetzt weh tut oder nicht. Mich stört einfach, wenn du der Fliege die Beine ausreißt.

Ich will nicht von Willkür reden, aber es gibt so etwas, wie einen gesunden Menschenverstand. Der Jugendschutz funktioniert mehr über die Frage, welche Bilder wollen wir bei unseren Kindern sehen, als über Ergebnisse der Wirkungsforschung.

Aber dabei ist es ja dann sehr wichtig, wer diese Entscheidungen fällt - wer diese Grenzen zieht.

Es müssen natürlich Leute sein, die Ahnung haben und wissen, wovon sie reden. Und das ist das Prinzip, das ich am deutschen Jugendschutz verteitige. Wir haben unabhänigige Gremien. Die Bundesprüfstelle, die FSK und auch die USK. Es sind fachlich qualifizierte Leute, die sich im Medium auskennen, die auch Ahnung von Pädagogik haben und eine bestimmte moralische Integrität. In der Regel sind es oft Mütter oder Väter.

Es gibt eine offene Diskussion, gefolgt von einer demokratischen Mehrheitsentscheidung. Dieser ganze interne Prozess soll dabei die Meinungsbildung der Gesellschaft simulieren.

Immer wieder hat man den Eindruck, dass die Politiker, vor allem aus dem süddeutschen Raum, einfach gerne drauflosreden und sich gar nicht mit den tatsächlichen Gesetzen beschäftigen. Wie reagiert man darauf als USK?

Man braucht immer einen Sündenbock. Ist doch logisch, sie suchen eine Erklärung die einfach ist, und bei der man sagen kann, ich zieh jetzt die Schraube etwas fester, in dem Fall Jugendschutz, dann wird schon alles gut werden. Um ehrlich zu sein, und ich will Herrn Beckstein nicht zu nahe treten, aber was den Jugendschutz betrifft, verhält er sich unpolitisch.

Im Grunde ist er einfach nur ein besorgter, überforderter Vater. Er versteht nicht, was da passiert und es macht ihm Sorgen, dass Kinder so etwas spielen können. Wenn ich als Geschäftsführer der USK nicht bereit bin, diese Sorgen zu akzeptieren, sondern diese Leute arrogant zu behandeln, wird es schwierig. Wir brauchen einen Dialog. Gleichzeitig müssen wir in der Sündenbock-Position bei den unterschiedlichen Gruppen und Parteien um Akzeptanz werben.

Dem Einzelhandel sage ich zum Beispiel, dass sie auf die Alterskennzeichnungen achten sollen. Die Wirtschaft frage ich, warum sie soviel für Spielewerbung für Titel ab 16 und 18 ausgeben, obwohl sie nicht mal zehn Prozent des Umsatzes ausmachen. Und den Politikern sage ich, dass sie ihre zukünftigen Wähler respektvoller behandeln sollen.

Denn ich kann, wie Herr Beckstein oder Herr Stoiber, bestimmte Dinge kritisieren, aber wenn ich zeige, dass ich eigentlich überhaupt keine Ahnung habe von dem, was ich da kritisiere, und wenn ich außerdem zeige, dass mir das eigentlich auch egal ist, dann verliere ich sehr viel Kredit. Ich nehme diese Politiker ernst, aber das mache ich vor allem, weil ich ihr Gesprächspartner sein will. Und so sollten sich Politiker auch den Jugendlichen gegenüber verhalten. Wer mit ihnen reden will oder zumindest zu ihnen, muss sie und ihr Hobby ernst nehmen.

Glauben Sie, dass die Qualität der Diskussion auch darunter leidet, dass viele Leute immer noch denken, Computerspiele seien nur ein Medium für Kinder?

Das Paradoxe ist ja, dass, wenn man an die Spieler denkt, es als Medium für Kinder wahrgenommen wird. Redet man aber über Inhalte, dann werden vor allem die Erwachseneninhalte gesehen und nicht die Spiele für Kinder und Jugendliche, die es ja zu genüge gibt.

Die Charts des Jahres 2006, sowohl die besten 20 PC- also auch Konsolenspiele, hatten nur eine einzigen Titel der keine Jugendfreigabe hatte. Zwei oder drei Spiele bekam ein "ab 16", viermal "ab 12" und der Rest "ab 6" oder ohne Altersbeschränkung.

Die Realität ist also eine ganz andere. Die meisten verkauften Spiele bei PC oder Konsole sind Spiele ohne oder mit niedriger Altersbeschränkung. Fifa, Sims, Anno etc. Es gibt sowgar eine Entwicklung, dass jährlich die Zahl der Titel ohne Jugendfreigabe sinkt, also Spiele ab 18. Die Entwicklung geht zum Bereich Family-Entertainment. Ego-Shooter spielen natürlich noch eine Rolle, aber eben nicht so eine große, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Gefühlt wird es aber in der Öffentlichkeit umgekehrt.

Gefühlt wird, das Kinder nur Computerspiele für Erwachsene mit Kettensägen spielen. Und natürlich haben Erwachsene das Recht, Spiele mit den entsprechenden Inhalten zu spielen. Da mag es auch viele geschmacklose Dinge geben, aber ehrlich gesagt, ich kümmere mich ja auch nicht darum, was mein Nachbar im Beate-Uhse-Shop kauft und dann damit zu Hause macht.

Erwachsenen darf man nichts verbieten, mir geht es auschließlich um sauberen Kinder- und Jugendschutz.

Provokant gefragt: Wenn Spiele Aggressionen steigern, wenn auch nur kurzfristig, und das als gesellschaftliches Problem angesehen wird, warum redet niemand über ein Fußball-Verbot? Auch dort werden Aggressionen im Wochentakt aufgebaut und viel öfter auch in echte Gewalt umgesetzt.

Die Sache ist ganz einfach. Anderes Beispiel: Gewaltfilme, von denen es wesentlich mehr gibt als von Gewalt- bzw. Killerspielen. Bei den Gewaltfilmen weiß natürlich der 60-jährige Politiker, die hab ich mir früher auch angeguckt und ich bin trotzdem kein Mörder geworden. So banal ist das meiner Meinung nach.

Wenn man mit dem Medium Film sozialisiert wurde, weiß man das. Damals haben sich meine Eltern wahnsinnig Gedanken gemacht, was alles mit mir passieren kann, wenn ich mir zum Beispiel James Bond anschaue, aber heute bin ich ein anständiger Mensch, ich hab nie meine Frau verhauen, nie meine Kinder.

Das weiß man dann im Rückblick. Das hat man gelernt. Beim Fußball ist es ähnlich. Ich weiß, dass ich während des Spiels und auch noch danach extrem emotional angespannt bin, aber trotzdem führe ich ansonsten ein geregeltes Leben.

Also ist das Problem, dass das Medium noch zu neu ist?

Genau, ich bin mir sicher, die heutigen Jugendlichen werden sich irgendwann auch Sorgen um ihre Kinder machen, aber nicht über die Wirkung von Computerspielen, oder jedenfalls nicht in dem Ausmaß, wie es im Moment der Fall ist. Sie haben die selber gespielt und aus ihnen ist trotzdem etwas geworden.

Abschließende Pflichtfrage: Was ist Ihr Lieblingsspiel?

Die Siedler. Und bevor Sie mich fragen, ich spiele auch Ego-Shooter, weil ich finde, dass man diese Spiele erleben muss, um darüber zur reden. Aner davon abgesehen, dass Ego-Shooter nicht so meins sind, bin ich einfach auch etwas zu langsam dafür.

Quelle: Cynamite
 
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#12
Industrieverbände übernehmen Trägerschaft der USK

10.06.08 - Mit Wirkung zum 1. Juni 2008 hat der bisherige Träger der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), der Förderverein für Jugend und Sozialarbeit die Verantwortung für die freiwillige Selbstkontrolle an die Industrieverbände Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. und Bundesverband der Entwickler von Computerspielen G.A.M.E. e.V. abgegeben.

Neuer Träger der USK ist die neu errichtete Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH, deren Gesellschafter die Verbände sind. Das jetzige Modell orientiert sich an der Struktur der Filmwirtschaft, deren Freiwillige Selbstkontrolle FSK ebenfalls von der Wirtschaft getragen wird.

Mit der Übernahme der Trägerschaft haben die Verbände die im Sommer letzten Jahres angekündigte erste Phase der Restrukturierung der freiwilligen Selbstkontrolle für Computer- und Videospiele abgeschlossen.

Die USK war seinerzeit in die Kritik geraten. Ein von der Bundesregierung und den Ländern in Auftrag gegebenes Gutachten des Hans-Bredow-Institutes hatte die bisherige Trägerstruktur kritisiert und Veränderungen empfohlen.

'Mit der neuen Trägerstruktur haben wir die Forderung von Bund und Ländern nach mehr Transparenz erfüllt', erklärt BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters. 'Die Verantwortlichkeiten sind in der neuen Struktur deutlicher herausgestellt. Die Industrie stellt den Ländern eine Infrastruktur für das Alterskennzeichnungsverfahren zur Verfügung. Die Alterskennzeichen als solche kommen weiterhin als staatlicher Verwaltungsakt von den Obersten Landesjugendbehörden', ergänzt Claas Oehler, Geschäftsführer für Recht und Regulierungsfragen bei GAME.

In der zweiten Phase der Restrukturierung planen die Verbände mit den Obersten Landesjugendbehörden das Kennzeichnungsverfahren zu verbessern. Außerdem soll die öffentliche Wahrnehmung der USK verbessert und die Kommunikation ausgeweitet werden.
CLICK (USK: 'Industrieverbände übernehmen Trägerschaft der USK')

Quelle: www.gamefront.de
 
#13
Wenn ich sowas lese kommt mir echt die Galle hoch. Irgendwann haben wir gar keine Rechte mehr und dann gibts nen riesen Gau.

Solche Gesetze sind nicht nur Einschränkungen der persönlichen Entscheidungsfreiheit sondern auch ein Schlag ins Gesicht für Künstler

Die Politiker die solche Gesetze entwerfen sehen nur extreme Einzelfälle aber nicht die alltägliche Realität. Es wird mal Zeit das jemand gegen solche Politiker was unternimmt sonst endet das in totaler Bevormundung und nem Überwachungsstadt wie zu DDR zeiten.

Ich spiele seit 14 Jahren Computerspiele und meine polizeiliche Akte ist sowas von Lupenrein (ok vielleicht 2-3 mal zu schnell gefahren aber das wars schon) und außer ein paar Suchterscheinungen ist bei mir ganz sicher kein erhöhtes Gewaltpotential festzustellen. Und das obwohl ich jahrelang UT, ET, COD usw usw. gezockt habe (alles "Killerspiele")

Da gibt es viel größere Gefahren die von Computerspielen ausgehen als das man davon gewaltätig wird. Zb. das Suchtpotential von Computerspielen. Das ist meiner Meinung nach um ein viel viel vielfaches höher als das Gewaltpotential.

Gerade in Zeiten von MMORPG's und Co. Abe rin diesem Bereich wird kaum etwas getan. Dabei sind die Folgen davon viel viel größer und auch wirtschaftlicher Natur.

Ich finde hier wird seitens der Politik ganz kla ram falschen Ende des Seils gezogen denn solche Gesetze bewirken ganz klar gegenteiliges.
 
#14
Naja, in Bezug auf Suchtprobleme bei Online-(Rollen)-Spielen wird inzwischen auch einiges getan. So haben sich Suchtberatungsstellen inzwischen sehr wohl auch darauf eingestellt, dass sich neben Drogensucht und Glücksspielsucht die Fälle von Spielsucht (i.S.v. Videospielen) häufen. Problem ist hier auch weiterhin die Aufklärung insbesondere der Eltern.

Aktuelles Beispiel was falsche Aufklärung betrifft. Ich wollte gestern beim örtlichen "Spielstop"* die UK Version von ZehOhDeh4* verkaufen. Die wollten sie allerdings nicht kaufen mit der Begründung, dass sie es nicht dürften (Weisung vom Konzern). Hintergrund ist eine Anzeige, die eine "Spielstop"-Filiale wohl bekam, weil dort EU-Versionen verkauft wurden. Jetzt dürfen sie das nicht mehr. Ich frage mich doch mal ganz stark warum? Die EU Version ist nicht indiziert, nicht beschlagnahmt... also weder verboten noch sonstwas. Einzig und allein die fehlende (deutsche) Alterskennzeichnung verbietet den Verkauf an Jugendliche, das Spiel ist also ab18. Punkt, aber doch kein Grund jemanden deswegen anzuzeigen und schon gar kein Grund der Kette den Schwanz einzuziehen... -.- Aber was solls, das ist halt mal wieder Deutschland, keiner hat ne Ahnung, aber lieber mal auf Nummer sicher zu gehen...

Übers Netz werd ichs bisher auch nicht los, also behalt ichs halt. -.-

*Name ist dem Autor bekannt. :P
 
#19
o...
m...
g...

wie krank muss man sein sowas nur zu machen? :(

ich mein mich nerven jetz schon meistens diese kennzeichen da viele cover so genial gemacht sind und jetz? soooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo...
..oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo...
...o groß ? Oô was kommt als nächstes?
 
#20
Mit Platzpatronen gegen Killerspiele

Normandie, Juni 1944. US-Soldaten durchkämmen eine zerstörte Stadt, als krachend eine Granate explodiert. Einer der Männer zerplatzt auf der Stelle in rote Fetzen. Ein anderer blutet aus tiefen Wunden, sackt Sekunden später leblos zusammen. Dann ist die Zwischensequenz in dem Computerspiel Brothers In Arms: Earned In Blood vorbei. Auf dem Bildschirm blickt der Spieler wieder über den Lauf seiner Maschinenpistole in die schmutzig-graue Trümmerlandschaft, Schüsse peitschen durch die Luft, Soldaten brüllen. Irgendwo hinter den Rauchschwaden lauern die Deutschen, die jetzt per Mausklick ausgeschaltet werden müssen.

Das Spiel ist ein sogenannter Taktik-Shooter. „Taktik“, weil der Spieler im digitalen Kugelhagel überlegt vorgehen muss. „Shooter“, weil es letztlich eben darum geht, die Gegner zu erschießen. Nach den Debatten über gewalthaltige Videospiele, ausgelöst durch die Amokläufe von Erfurt und Emsdetten, würde mancher vielleicht sagen: Das ist ein „Killerspiel“, mit Sicherheit nichts für Kinder!

Das steht auch auf dem Cover des Spiels, in einer roten Raute unten links. „Keine Jugendfreigabe“, das heißt: ab 18 Jahren. Doch das kleine Kennzeichen sei nur mit der Lupe zu lesen, sagt Familienministerin Ursula von der Leyen, „das bringt rein gar nichts“. Das neue Jugendschutzgesetz, das seit Juli in Kraft ist, macht damit Schluss: Die Altersfreigaben müssen nun deutlich größer angegeben werden. Medienforscher befürworten das. Gleichzeitig sollen durch das Gesetz auch „gewaltbeherrschte“ Spiele leichter für Kinder und Jugendliche verboten werden können. Doch an diesem Passus haben Experten ihre Zweifel.

piele, die von den Obersten Landesjugendbehörden keine Jugendfreigabe bekommen, dürfen offen im Geschäft stehen, aber nur an über 18-Jährige verkauft werden. Händlern, die dagegen verstoßen, drohen Geldstrafen bis zu 50.000 Euro. Allerdings zeigen Studien, die das Hamburger Hans-Bredow-Institut zusammengetragen hat, dass Kinder dennoch an solche Spiele kommen: in Geschäften, über Freunde, das Internet – und Eltern. Es gibt deshalb noch höhere Einstufungen. Wenn zum Beispiel die Gewalt so im Vordergrund steht, dass sie als „jugendgefährdend“ gilt. Solche Spiele kann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf den Index setzen. Ein indiziertes Spiel darf nicht mehr beworben oder ausgestellt, sondern nur noch für Erwachsene unter dem Ladentisch hervorgeholt werden.

Das neue Jugendschutzgesetz bestimmt, dass Medien als jugendgefährdend gelten, die „Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert“ darstellen oder „Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit“ nahelegen. Tatsächlich sind diese Kriterien aber nicht neu. „Die Bundesprüfstelle hat solche Gewaltdarstellungen schon vorher als jugendgefährdend betrachtet“, sagt Petra Meier, die stellvertretende Vorsitzende des Kontrollorgans.

Umstritten ist jedoch die dritte Änderung im Gesetzestext. Neben den „einfachen“ gibt es die „schwer jugendgefährdenden“ Inhalte. Dazu zählen etwa Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung. Beides ist schon nach dem Strafgesetzbuch verboten. Solche Medien müssen nicht erst auf dem Index stehen, sie sind bereits per Gesetz indiziert. Nach dem neuen Gesetz gilt das auch für Spiele, die „besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen“.

So eine Formulierung hatte das Hans-Bredow-Institut in einer Analyse des Jugendmedienschutzes vorgeschlagen, „wenn der politische Wille besteht, derartige Spiele eindeutiger als bisher einzubeziehen“. Der beteiligte Forscher Stephan Dreyer sagt allerdings: Was die Worte bedeuten, müssten die Medienwächter auslegen. Gewalt, gezeigt allein der Gewalt willen, war für die Prüfer schon vorher ein möglicher Grund, Spiele nicht freizugeben. Aber wann beherrscht solche Gewalt das Geschehen? Die Bundesprüfstelle und Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden wissen es noch nicht, antworten: „Das müssen künftige Prüfungen zeigen“, „Es gibt noch keine Praxis“ und „Wir müssen uns da herantasten“.

Das Familienministerium nennt die neue Regel „ein klares Signal für Hersteller und Händler“. Branchenvertreter ärgern sich jedoch im Gegenteil über die Unbestimmtheit der Begriffe. „Niemand weiß genau, wie sie zu verstehen sind“, sagt Rechtsanwalt Claas Oehler, einer der Geschäftsführer des Bundesverbands der Entwickler von Computerspielen. „Für die Hersteller ist es eine Katastrophe, wenn sie nicht wissen, worauf sie sich einstellen müssen.“ Oehler fürchtet, dass nun tatsächlich deutlich mehr Spiele auf den Index kommen könnten, die bislang für Erwachsene in die Regale kamen – für ihn wäre das ein Schritt in Richtung Zensur.

Andere bezweifeln das. Für Hartmut Gieselmann, Redakteur des Computermagazins c‘t, ist der Fall klar: „Es wird sich in der Praxis nichts ändern, weil wir vorher schon eine relativ rigide Rechtsprechung hatten. Man wollte eben ein Gesetz haben, damit die Bürger ruhig schlafen können.“

Auch Bernd Schorb, Professor für Medienpädagogik an der Universität Leipzig, fragt sich, ob das Gesetz nicht eher eine Beruhigungsfunktion habe. „Um zu zeigen: ‚Wir haben etwas getan‘ – aber eben kostenneutral. Wichtiger wäre die Stärkung der Medienkompetenz von Jugendlichen, auch mit finanziellen Mitteln.“

Am generellen Problem habe sich mit dem neuen Gesetz jedenfalls nichts geändert, so Schorb: „dass der Jugendschutz so komplex und kompliziert ist, dass Eltern ihn nicht wahrnehmen.“

Quelle: Zeit.de
 
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