Wie versprochen meine aktuellen Gedanken zum Klavierspiel:
Das Pianoforte war im 18. und 19. Jahrhundert die Videospielkonsole für den Adel und das aufstrebende Bürgertum. Die Klaviertastatur kann man letztendlich mit einem Controller vergleichen, nur mit in der Regel 88 Tasten und drei oder zwei Pedalen (gegenüber etwa 10 Tasten beim Videospiele-Controller).
Das Klavier bzw. der Flügel diente der gehobenen Unterhaltung und dem sinnvollen Zeitvertreib, gab es doch damals kein Radio, kein Music-Streaming, kein TV usw. Es förderte aber auch die Fähigkeiten des Spielers vor allem in kognitiver und emotionaler Hinsicht. Ein Stück aus der Zeit der Klassik oder der Romantik, die sich der Harmonielehre verpflichtet fühlte, ist dem Grunde nach Mathematik, beruht - kann man sagen - auf mathematischen Formeln. Ein Stück dahingehend zu verstehen und sodann wiederzugeben, ist eine Meisterleistung des menschlichen Gehirns.
Die Selbstdisziplin, der Fleiß und der Ehrgeiz können hier ebenfalls zur Blüte gelangen, denn das Klavierspiel erfordert tägliches Üben viele Jahre hinweg, eigentlich lebenslang. Das ist eine Besonderheit, denn bei heutigen Videospielekonsolen hat man sehr schnelle Erfolge, letztendlich dienen sie mehr und mehr vorrangig dem simplen Medienkonsum, auch wenn das verschleiert und den Spielern etwas anderes suggeriert wird (Stichwort: Trophäen für Skill, den man innerhalb weniger Minuten, maximal Tage erlangen kann, oder simple Routinetätigkeiten). Ich sage das nur zum Vergleich, denn ich will Videospielekonsolen nicht schlecht machen, will nur die Unterschiede aufzeigen. Ich selbst spiele hin und wieder auch nach wie vor auf der Konsole, wobei ich die Inhalte mehr und mehr hinterfrage.
Zurück zum Klavier. Um leichte Klavierstücke spielen zu können, benötigt es dagegen etwa drei Jahre (vor den leichten Stücken liegen die arrangierten Stücke für Anfänger), mittelschwere Stücke etwa acht Jahre täglichen Übens. Schwere Stücke werden normale Leute, die dies nicht beruflich ausüben, in der Regel nie ansprechend spielen können.
Weil mein erstes günstiges Digital Piano nicht mehr meinen Ansprüchen genügte, was Klang und Tastatur angeht, habe ich mir im Februar - im Wissen, dass das Klavierspiel ein ernsthaftes Hobby für mich geworden ist - ein deutlich besseres Digital Piano von Roland gekauft (siehe unten). Das reicht erstmal für die nächsten Jahre. Anmerkung: Das LX708 würde ich heute nicht mehr kaufen, sondern würde noch etwa 3000 € drauflegen und mir das NV5S von Kawai gönnen, aber soweit war ich damals im Februar noch nicht. Später wird bei mir sicherlich noch ein akustisches Klavier einziehen.
Übrigens wird im Trailer die sog. Mondscheinsonate von Beethoven auszugsweise gespielt. Wenn ich weiter jeden Tag übe, kann ich die vielleicht in etwa 14 Jahren ansprechend spielen, vermutlich aber nie.
Im Vergleich dazu unten ein ebenfalls wunderschönes Stück, dieses Mal von Chopin, das erst posthum veröffentlicht wurde. Das ist mit der Schwierigkeit "Leicht" eingestuft. Voraussichtlich werde ich es in drei Jahren ansprechend wiedergeben können, worauf ich mich jetzt schon freue. PS: Es geht nicht darum, dass ich das Stück jetzt drei Jahre übe. Sondern in drei Jahren habe ich die Fertigkeiten, ein solches Stück spielen zu können.