Pro Evolution Soccer 2012: Mehr Bewegung im Spiel!
Die Serie machte in den vergangenen Jahren nur kleine Schritte. Damit ist jetzt Schluss: Die ersten Partien offenbaren grundlegende Neuerungen.
Das neue Spielgefühl in „PES 2012“: Große Dynamik, starke Laufwege und mehr Kontrolle.
Ronaldinho war einst Weltfußballer. Der Beste in seinem Geschäft. Spielerisch tonangebend und mit einer Eleganz ausgestattet, die anderen meilenweit voraus war. Mittlerweile ist es ruhig um ihn geworden. Seit einigen Jahren ist er nicht mehr der Alte, sitzt auf der Bank – der Zauber ist verflogen. Die früheren Weggefährten sind inzwischen besser geworden, strahlender, professioneller. Für ein ehemaliges Idol ist das zweifelsohne eine schwierige Situation. Wie also damit umgehen? Um es im Fußballjargon zu sagen: Kämpfen! Stutzen drauf, Latschen schnüren und zur Attacke blasen! Genau das macht „Pro Evolution Soccer“ im Jahr 2011. „PES“? Ja, denn „PES“ ist so etwas wie der Ronaldinho im virtuellen Fußball – zumindest teilweise: Der Konami-Kick litt in den vergangenen Spielzeiten an Formschwäche und musste sich dem Konkurrenten „Fifa“ geschlagen geben – so zumindest die Meinung vieler Fans. Aber im Gegensatz zum Brasilianer stehen die Chancen auf ein großes Comeback gut.
Im vergangenen Jahr griffen sowohl Konami als auch der ewige
Widersacher Electronic Arts nach der spielerischen Freiheit: 360-Grad-Pässe waren das Schmuckstück der Titel. Die einen setzten darüber hinaus auf Torhüter ohne KI-Zwänge, die anderen auf anspruchsvolle Pass-Kontrolle. Bei „Pro Evolution Soccer 2012“ lautet das Zauberwort nun „Active AI“. Damit will Konami die Spielfreude Ihrer virtuellen Teamkollegen anregen – offenbar mit Erfolg.
Barca lässt grüßen: Alles auf Trab und Power im Zweikampf
Vorbei die „PES 2011“-Zeiten, in denen man im Mittelfeld vergeblich nach freilaufenden Mitspielern suchte. Vorbei die Zeiten, in denen man als Stoßstürmer alleine gegen ein Abwehr-Bollwerk antreten musste, weil passende Anspielstationen fehlten. In „PES 2012“ sind die eigenen Mitspieler ständig in Bewegung: Hält man etwa im zentralen Mittelfeld den Ball, laufen sich die Kollegen an den Seitenlinien frei, setzen zum Sprint an oder fallen zurück. Auch diagonale Laufwege sind nun gang und gäbe. Praktischer Nebeneffekt: Durch die Vorstöße der Mitspieler ziehen diese die Abwehrspieler auf sich und schaffen dadurch Räume. Dort spielen Sie wunderbar tödliche Pässe hinein oder nutzen den Platz für einen Sprint mit anschließendem Torabschluss. Den Weg zum Tor sollten Sie im neuen Ableger öfters einschlagen: Messi, Robben und andere Leichtgewichte fallen nämlich nicht mehr nach leichten Zweikämpfen zu Boden und brauchen gefühlte Minuten, bis sie wieder im Spiel sind. Abhängig von guten Balance-, Beweglichkeits- und Dribbelwerten stecken die Kicker kleine Rempler besser weg.
Die Null muss stehen
Damit der neue Offensiv-Schwung nicht ausartet und man zu den Anfängen des Genres zurückkehrt, wo ein gepflegtes 5:3 sogar zwischen zwei italienischen Teams üblich war, bohrt Konami die Defensive kräftig auf. So klafft zwischen Abwehr und Mittelfeld kein so großes Loch mehr wie im Vorgänger. Recht eng am Spielgeschehen, reagiert die Vierer-Abwehrkette der Spielsituation angemessen und stellt geschickt die Räume zu. Neben der besseren Balance der Mannschaftsteile garantiert das sogenannte Zonal Marking (Zonendeckung) neue Defensiv-Raffinessen: Läuft beispielsweise Mittelfeld-Motor Andrés Iniesta seinen Bewachern davon, übernimmt ein anderer Abwehrspieler den stürmenden Katalanen.
Neue Möglichkeiten bei Standardsituationen
Eine andere Baustelle der Serie sind seit einigen Jahren Standardsituationen. Haben die Pass-Freiheiten des vergangenen Jahres zwar Ecken und Freistöße aufgewertet, so waren die vorhersehbaren Einwürfe eine absolute Enttäuschung. Die Macher entwickeln dafür eine Lösung, die es in sich hat und auf den Namen „Off the Ball Control“ hört. Bei Eckbällen, Freistößen oder Einwürfen wählen Sie mit dem rechten Analog-Stick den idealen Spieler aus, zu dem der Ball gehen soll. Das klingt schwieriger, als es tatsächlich ist und bereichert das Spiel ungemein: Durch die Kontrolle der Laufwege freistehender Akteure ziehen Sie bei einem Freistoß etwa kleine Stürmer aus dem Strafraum und schaffen dadurch Platz für das Kopfball-Ungeheuer. Anderes Beispiel: Sie haben Eckball und verwirren den Gegner durch unablässiges Gewusel im Strafraum. Statt eines hohen Balles spielen Sie die Kugel flach in den Rücken der Abwehr, wo sich mehr Räume zum Abschluss bieten.
Die absolute Kontrolle der Spieler
Dieses System übertragen die Entwickler auch in das laufende Spiel: So bestimmen Sie, während Sie den ballführenden Kicker steuern, parallel die Laufwege Ihrer möglichen Anspielstationen – Sie nutzen im Extremfall also zwei Sticks für zwei Spieler. Ähnlich wie die beschriebene „Off the Ball Control“ macht Sie die „Teammate Control“ im laufenden Spiel noch mehr zum Strippenzieher. Sie funktioniert auf zweierlei Weise: Im einfachen Modus schieben Sie den rechten Analog-Stick in Richtung eines Feldspielers, der sich in der Nähe Ihres ballführenden Kickers befindet. Nach Betätigung der R3-Taste (PS3) sprintet der ausgewählte Kicker schnurstracks Richtung gegnerisches Tor. Die anspruchsvolle Variante überlässt Ihnen die völlige Kontrolle des ausgewählten Spielers, so dass Sie zwei Kicker steuern. Diese neue Option beschert Ihnen neben allen KI-Reformen vor allem mehr Selbstständigkeit bei Offensiv-Aktionen. Die vermiest Ihnen der Titel übrigens nicht mehr durch nervige Zwangspausen.
Keine nervigen Unterbrechungen mehr
„PES 2012“ spielt sich deutlich flüssiger. Das liegt auch daran, dass Konami an einem großen Frust-Faktor des 2011er-Teils schraubt: So gehören ständige Unterbrechungen und kleinliche Schiedsrichter-Entscheidungen ab sofort der Vergangenheit an. Die Abseits-Regel ist entschärft; der Mann in Schwarz hält sich zurück und greift nur dann ein, wenn es wirklich sein muss. Konami drosselt auch die permanenten Wiederholungen im Spiel. Auf diese Weise machen die Japaner die Einspieler wieder zu Höhepunkten: Wenn nach einem Tor die Super-Zeitlupe zum Einsatz kommt, bestaunen Sie ansprechende Bilder. „PES 2012“ bietet zwar keine komplett überarbeitete Grafik-Engine, die Optik wirkt dennoch aufgefrischt. Gleiches gilt für die Spielphysik: Zweikämpfe und Kollisionen machen ordentlich was her.
Alte Funktionen im neuen Gewand
90 Minuten sind um, die Verlängerung beendet – die WM entscheidet sich im Elfmeterschießen. Die meisten „PES“-Spieler dürften bei Strafstößen an Frust und steile Kerzen in den Nachthimmel denken – zumindest seit dem vergangenen Ableger. Das ist nun Geschichte: „PES 2012“ positioniert die Kamera wieder direkt hinter dem Schützen und vereinfacht damit den Elfer. Auch ein altbekannter Trick feiert sein Comeback: Das Antäuschen eines Torschusses ist wieder möglich; damit bringen Sie sich oft in eine gute Position – etwa bei Dribblings an der Strafraumgrenze. Ebenfalls wieder mit von der Partie ist der Trainingsmodus, den viele im Vorgänger schmerzlich vermissten.
Prognose: Pro Evolution Soccer 2012
Keine Frage: „PES“ hat bei seinen Fans etwas gutzumachen. Fortschritt gab es in den vergangenen Jahren nur im Detail. Jetzt dreht Konami an vielen Schwachpunkten des 2011er-Teils und wagt auch größere Änderungen. Vor allem die verbesserte Mitspieler-KI und die neuen Möglichkeiten beim Passspiel zeigen den Mut der Entwickler. Und die ersten Partien im neuen Gewand zeigen, dass das Spiel von diesen Maßnahmen profitiert. Stellenweise erinnert „PES 2012“ sogar an den unantastbaren Sechser-Teil – den vermeintlich besten aller „PES“-Titel. Gute Vorzeichen für das anstehende Duell mit dem großen Konkurrenten „Fifa 12“.
Quelle:
http://www.computerbild.de/artikel/...Evolution-Soccer-2012-Konami-PES-6363604.html