Oliver Schultes meint:
Es ist lange her, dass mich ein Spiel so vereinnahmt hat. Ich muss fast sechs Jahre zurückgehen und einen meiner All-Time-Classics als Vergleich bemühen: BioShock. Wie eben jener Ego-Shooter lebt The Last of Us von seiner Atmosphäre und der bis ins Detail glaubwürdig konstruierten Welt, die ihre Geschichte nicht mit Holzhammer-Zwischensequenzen und anderen narrativen Krücken erzählt. Hinzu kommen bei Naughty Dogs Endzeit-Drama Charaktermodelle, die mit ihrer peniblen Gestaltung und Mimik alles bisher Dagewesene wegfegen: Diese Figuren transportieren Gefühle, und sie haben mich tatsächlich berührt und zum Nachdenken angeregt – vor allem die letzte halbe Stunde werde ich wohl nie vergessen. Wenn man The Last of Us in seine Einzelteile aufdröselt, verliert es etwas an Glanz: Es gibt Spiele, die technisch noch eindrucksvoller sind (Uncharted-Reihe), die den Schleich-Aspekt konsequenter ausreizen (Metal Gear-Reihe), die eine weniger vorhersehbare Geschichte erzählen (BioShock) und die mehr Freiheiten bieten, Aufgaben zu lösen (Dishonored). Letztlich zählt aber das Gesamterlebnis, und das ist schlicht herausragend! Selten fühlte ich mich bei Action-Szenen mehr gefordert, selten haben Monster meine Nerven stärker strapaziert, selten hat mich eine Welt aus Polygonen und Texturen so sehr zum Staunen gebracht und noch nie habe ich in einem Spiel so überzeugende Charaktere erlebt. Warum noch mal brauchen wir eine neue Konsolengeneration?
Tobias Kujawa meint: Cormac McCarthys Roman Die Straße finde ich grandios, der Schauplatz von I am Legend hat mir sehr gut gefallen und in der verstrahlten Welt von Fallout 3 war ich ewig unterwegs – ja, ich bin ein Endzeit-Fan. Da kam mir Naughty Dogs The Last of Us gerade recht – und die Uncharted-Macher haben voll abgeliefert. Nicht unbedingt in puncto Hauptgeschichte, aber die Spielwelt beeindruckt und fasziniert ungemein. Mit detailliert gestalteten Szenarien, beiläufigen Unterhaltungen und vielen sammelbaren Notizen und Tonaufnahmen schildert The Last of Us glaubhaft und in teils atemberaubenden Bildern, wie die Welt 20 Jahre nach dem großen Crash aussehen könnte. Und sie saugte mich im Laufe der überraschend langen Geschichte immer mehr ein. Im letzten Spielviertel überschlagen sich die Ereignisse. Wenn man denkt, das Ende ist nah, geht es doch nochmals weiter und wird nochmals ein Stück besser. Der Endzeit-Fan in mir freut sich über all dies, für den Gamer lohnt sich das Werk sowieso: die kniffligen Aufeinandertreffen mit Infizierten und Räubern fordern dank enger Räume, variabler Patrouillenwege, knapper Munition und wenig Lebensenergie, dank Listen-Modus kommen aber auch Nicht-Hitmänner zu Rande. Zwischendurch freut sich das Sammlerherz über allerlei nützlichen (zum aufrüsten und aufleveln) und unnützen (Comics, Dogtags) Plunder. Nur komisch, dass nirgendwo Messer rumliegen, dann könnte ich mir die ewige Suche nach Scheren und Klebeband sparen... Das Prunkstück des Spiels ist aber ganz klar die Beziehung zwischen Ellie und Joel. Auf der einen Seite die neugierige Göre, welche die Welt nur nach der Apokalypse kennt, auf der anderen Seite der verbitterte Joel, der sich noch an die guten alten Tage erinnern kann. Wie die beiden zusammenarbeiten, sich streiten und stetig zusammenwachsen, gefällt mir hier fast besser als Bookers Beziehung zu Elisabeth in BioShock Infinite. Insgesamt ist The Last of Us ein echter Knaller, den man wirklich nur vollkommen zu schätzen weiß, wenn man ihn voll ausgekostet hat. Also Rucksack geschnürt und durchhalten!