Aber wie sah es denn in der Vergangenheit aus? Als die NATO 1999 Serbien bombardierte, schickte Deutschland den Schlagersänger Guildo Horn mit „Guildo hat Euch lieb“ zum ESC. Gab es damals Kritik von deutschen Schlager-Experten? Hatte 1999 irgendwer ein Problem damit, dass Deutschland einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt und gleichzeitig einen Schlagerbarden zum ESC schickt, der dort einen „Jux-Lied“ zum Besten gibt? Als die „Koalition der Willigen“ 2003 völkerrechtswidrig den Irak angriff, schickte Kriegsteilnehmer Großbritannien das zu Recht unbekannte Pop-Duo „Jemini“ mit dem Herz-Schmerz-Schmachtfetzen „Cry baby“ (Weine, Liebling) ins Rennen. Der Song belegte zwar den letzten Platz – aber sich nicht, weil das deutsche Feuilleton in Erregung ausgebrochen ist, da Tony Blair den ESC für seine Propaganda missbraucht habe. Als Israel 2006 völkerrechtswidrig Bomben auf den Libanon warf und damit fast eine Millionen Menschen zu Flüchtlingen machte, trat für das Land ein gewisser Eddie Butler beim ESC an und präsentierte der Weltöffentlichkeit die Friedenshymne „Together we are one“ (Zusammen sind wir eins). Wurde dies damals als „Verhöhnung“ der Opfer Israels bezeichnet? Fühlte sich ein deutscher Kommentator damals berufen, zu schreiben, dass „ausgerechnet“ Israel eine „Friede-Freude-Eierkuchen-Ballade“ ins Rennen schickt? Forderte der Stern seine Leser auf, Eddie Butler auf der Bühne auszubuhen?