@Planet
Aus meiner Sicht missverstehst du vieles. Wo genau in dem Artikel steht beispielsweise die Stuttgart 21-Demonstrationen seien aus einer Bierlaune heraus erstanden? Wo steht, die Atomgegner seien aufgescheuchte Hühner? Das steht da so einfach nicht. Es geht lediglich darum wie Bürger und vor allem die Medien Szenarien herbeibeschwören, die wiederum die Politik nachhaltig beeinflusst. Er diskreditiert nicht die Bewegungen an sich, sondern die Reaktion der Poltik darauf.
Denn....
Eine demokratische Ordnung kann nur dann als legitim bezeichnet werden, wenn die Bürger den Eindruck und den Glauben haben, am demokratischen Leben hinreichend beteiligt zu sein, und gute und gerechte politische Entscheidungen getroffen werden. Entscheidungsakzeptanz und generelles Vertrauen in das politische System machen die Demokratie erst zu einer legitimen und stabilen politischen Ordnung.
Das ist eben bei Stuttgart 21 und der Energiewende nicht der Fall.
Zu dem Guttenberg-Beispiel: in meinem Umfeld sah es genau anders aus. Viele hielten Guttenbergs Vergehen für eine Nichtigkeit. Anfangs dachte Merkel nicht einmal daran ihn aus dem Amt zu werfen. Erst aufgrund der massiven Berichterstattung der Medien hat sie den Druck schließlich erhöht und Guttenberg ist zurückgetreten. Im gleichen Atemzug änderte sich auch plötzlich die Meinung in meinem Umfeld. Sicher kein Zufall.
Die Wende in der Energiepolitik ist ein ganz ähnliches Beispiel. Erst rein in die Kartoffeln (Laufzeitverlängerung), dann aufgrund massiver Drohszenarien der Rückzug aus der Atompolitik. Das ist weder durchdacht, noch konsequent und schon gar nicht nachhaltige Politik. Das ist reiner Populismus. Zum Demokratieverständnis von Frau Merkel ist eh nicht mehr viel hinzuzufügen. Ihre Äußerungen bei der Wahl des Bundespräsidenten bezüglich des Fraktionszwangs und ihre Erwiderung vor der Sommerpause bezüglich schlechter Umfragewerte (juckt mich nicht, ist ja erst in 2 Jahren Wahl), zeigen aus meiner Sicht sehr deutlich, was Vorländer hier beschreibt.
Insofern finde ich die vom Autor genannten Beispiele durchaus plausibel, seine Szenarien überzeugend. Nicht umsonst wurde ein Begriff wie "Wutbürger" geprägt.
Genau dieser wird nämlich hier durch hervorgerufen:
Zahlreiche veto players - Institutionen, Akteure und Interessengruppen - sind in der Lage, den Prozess der Aushandlung von Lösungen undurchschaubar zu machen und ihn zu blockieren. Verhandlungssysteme dieser Art mögen, wenn sie zu Lösungen kommen, für die Beteiligten befriedende, auch effektive Ergebnisse bringen. Aber sie benachteiligen in struktureller Weise solche Gruppen und Individuen, die nicht die Macht oder die Organisationsfähigkeit ihrer Interessen besitzen und deshalb kein Gehör finden. Insofern werden hier Teilhabechancen verwehrt, die zum Kern demokratischer Ordnungsvorstellungen gezählt werden müssen.
Das kann aber nicht Ziel einer funktionierenden Demokratie sein. Ich stimme mit dir überein. Sein erstes Beispiel für das Drohszenario, die Herrschaft einer Elite, ist heute in gewissen Maßen schon erreicht. Ein Grund mehr dem Autor für diesen Artikel zu applaudieren.