Na ja so weit würde ich jetzt nicht gehen.
Bisher hab ich zumindest noch kein Argument dieser Bewegung gehört, dass man nicht durch gezielte Recherche in Rechtssprechung und/oder Geschichte entkräften konnte.
1. Allen voran die Tatsache, dass das Deutsche Reich weiter besteht und es die BRD eigentlich als solches gar nicht gibt (auf den Quatsch mit BRD GmbH geh ich erst gar nicht ein).
Faktisch ist das tatsächlich richtig, aber die Reichsbürger vergesen oder ignorieren eine Kleinigkeit - wahrscheinlich, weil es ihre eigenen Argumente entkräften würde.
-> Das Deutsche Reich ist faktisch in der Bundesrepublik Deutschland als legitimen Rechtsnachfolger aufgegangen. Das Deutsche Reich besteht also grundsätzlich weiter, jedoch als BRD und in den Grenzen von 1990 nach der Wiedervereinigung, das wurde sowohl vom BVG als auch im Einzelfall vom OLG Jena so bestätigt.
2. Die Reichsbürger beziehen sich gerne mal auf eine Resolution der UN (Nummer vergessen). Diese besagt, dass sich Menschen in einem bestimmbaren Gebiet selbst verwalten dürfen, wenn es dort keinen bestehenden Staat gibt. Ihre Handlungen sind praktisch denen eines regierenden Staates gleichgesetzt. Da aber, wie bereits gesagt, das Deutsche Reich in rechtlicher Form der BRD weiter dieses bestimmbaren Gebiet (Grenzen 1990) regiert, ist die UN-Resolution in diesem Fall gar nicht anwendbar.
3. Das Grundgesetz ist nicht gültig. Oftmals hört man, dass das Grundgesetz nicht gültig ist, weil es vom Volk nicht per Abstimmung legitimiert hat. Das ist für mich einer der witzigsten und am einfachsten zu widerlegenden Punkte: Ja, das GG wurde nie per Abstimmung legitimiert, aber das wurden auch die letzten beiden Verfassungen in Deutschland nicht. Was wohl ca 100% der Reichsbürger nicht wissen ist, dass weder die Reichsverfassung von 1871, noch die Weimarer Republik jemals per Abstimmung vom Volk legitimiert wurden.
Wenn Reichsbürger also das GG ablehnen, weil es nicht vom Volk legitimiert ist, dann dürfen sie sich auch nicht auf das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 berufen, denn das wurde auch niemals auf die Weise legitimiert, die die Reichsbürger immer demonstrativ fordern.
Das ist der offensichtlichste Widerspruch in dieser Bewegung.
Fun Fact: Das Grundgesetz wurde übrigens doch vom Volk demokratisch legitimiert. Bei der (ersten) Bundestagswahl 1949 haben 78,5 % der berechtigten Bevölkerung eine gültige Stimme abgegeben. Dies gilt im Staatsrecht als so genannte stillschweigende Akzeptanz.
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Upps, einen vergessen:
4. Deutschland ist weiterhin besetztes Land. Das galt überraschender Weise tatsächlich bis 1955, als der Bonner Vertrag geschlossen wurde. Mit diesem hat die BRD erst als souveräner Staat ihre volle Macht über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten erhalten.
Die von den Reichsbürgern gerne erwähnten Rechte der Alliierte Truppen in Deutschland zu stationieren wurden etwas später, nämlich mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag 1990 aufgehoben, denn damit wurde Deutschland das Recht zugesprochen, ausländische Truppenstationierungen auf seinem Bundesgebiet einseitig zu kündigen, da diese von nun an nur noch durch abgeschlossene Verträge mit der BRD stationiert werden dürfen und nicht mehr, weil ein "Recht" darauf besteht.
Fun Fact: Von den Reichsbürgern wird immer wieder propagiert, dass es keinen Friedensvertrag gibt und man sich daher de facto immer noch im Kriegszustand befinde. Korrekt ist, dass es keinen Friedensvertrag gibt. Falsch ist, dass daher immer noch offiziell Kriegszustand herrscht.
Das Völkerrecht, auf das sich Reichsbürger zur Durchsetzung ihrer "Rechte" immer wieder gern beziehen, sagt tatsächlich etwas anderes: Ein Friedensvertrag ist völkerrechtlich nicht die einzige Möglichkeit zur Beendigung eines laufenden Krieges. Die Beendigung kann auch durch Erklärungen, (Teil)Regelungen oder durch bewusste und aktive Wiederaufnahme der friedlichen Beziehungen zwischen den Kriegsteilnehmern erfolgen.
Ja, Staatsrecht war im Studium eines meiner Lieblingsfächer