Gestern Nacht durchgespielt und auch für mich hat es sich als Hassliebe mit versöhnlichem Ende entpuppt. Ich persönlich konnte nicht wirklich über die technischen Macken hinwegsehen. Da wäre die Framerate auf der einen Seite, wobei das nur ein kleines Übel auf der Pro war. Meist lief es mit 30fps, aber zu behaupten, es liefe auf der Pro mit konstanter Framerate, ist schlicht falsch. Hatte genug Ruckler während meiner Sessions, auf der Base PS4 mag es mir gar nicht vorstellen. Davon abgesehen ist Art Design aber über jeden Zweifel erhaben, es ist ein bildschönes Spiel.
Das weitaus größere Übel waren für mich die Kamera und Steuerung, aus meiner Sicht Ende 2016 in dieser Form indiskutabel und eine Katastrophe. An und für sich ist das Spiel absolut nicht schwer und entwickelt einen sehr einnehmenden Flow. Viel zu häufig bin ich aber aus eben diesen wegen der Kamera, Steuerung oder beidem herausgerissen worden. Nicht, weil es mich Bildschirmtode gekostet hätte, sondern weil selbst einfachste Aufgaben wie das Hinunterklettern von einem Abhang, das Weglaufen vor einem Gegner oder die Pflege von Trico unnötig verkompliziert werden. Vieles verkommt zur Geduldsprobe und zieht sich ewig in die Länge. Ja, es ist ein ruhiges Spielerlebnis, aber eine gewisse Effizienz setze ich mittlerweile einfach voraus. Genug gute Beispiele für eine Steuerung, die einfach flutscht, hatten die letzten 10 Jahre definitiv vorzuweisen.
Warum dieses auf Dauer nur nervige Knöpfchengehämmere, wenn mich ein Gegner packt? Spielerisch komplett anspruchslos, ich muss nicht mal eine bestimmte Reihenfolge einhalten bzw. Tasten kombinieren, für mich kommt da keine Spannung auf. Warum kann der Knirps, nachdem er sich von einem Gegner befreit hat, nicht einmal Aufstehen, ohne sich direkt wieder aufs Gesicht zu packen. Kostet nur sinnlos Zeit, passiert jedes Mal und hat zur Folge, dass ich wieder gepackt werde und nochmal Köpfchen hämmern darf. Warum muss er bei Gefahr immer in diese Road Runner Animation verfallen, selbst wenn ich mich vor dem Gegner in Sicherheit gebracht habe? Ging mir auch recht zügig auf den Keks. Warum holt er für jede Bewegung so weit aus und stürzt von einer Ecke zur anderen? Ja, es ist ein Kind und soll entsprechend unbeholfen dargestellt werden, aber es ist eben nicht szenenabhängig wohldosiert, sondern ein ständiger Bestandteil des Gameplays. Insgesamt ist die Steuerung verglichen mit SoC ein klarer Rückschritt und das war schon kein Paradebeispiel. Wie gesagt, mir ist klar, es ist ein kleiner Junge, aber deswegen muss es ja kein kompletter Körperklaus sein. In geskripteten Momenten zieht er schließlich eine akrobatische Nummer nach der anderen ab.
Was mich an der Kamera besonders störte war, dass es ihr häufig nicht gelang, besondere Momente im Spiel passend in Szene zu setzen. Sei es der Winkel oder die Entfernung, ein ums andere Mal hatte ich das Gefühl, mir ist deswegen etwas entgangen. Zwar kann ich manuell jederzeit nachjustieren, aber auch hier bindet man mir einen Klotz ans Bein. Warum hat der recht Stick eine Deadzone, die nahezu die Hälfte des maximalen Weges umfasst? Dadurch entsteht eine enorme Zeitverzögerung bei der Kamerajustage, die während des Spielablaufs manuelle Eingriffe unnötig erschwert, die Spielwelt bewegt sich schließlich weiter. Ich will mich nicht die ganze Zeit mit dem digitalen Kameramann streiten müssen.
Unabhängig davon will ich The Last Guardian als solches keinesfalls missen. Ja, das Erlebnis ist einzigartig. Ja, es weckt echte Emotionen und am Ende hat man garantiert einen Kloß im Hals. Ja, die Interaktion mit Trico klappt wunderbar und vor allem glaubhaft, gerade den Punkt kann ich nicht genug herausstellen. Zu keinem Zeitpunkt ist Trico ein bloßer KI Begleiter, er ist ein Partner und wirkt tatsächlich lebendig. TOP. Und ja, es ist der verdiente und runde Abschluss der Trilogie. Sony hatte Gott sei Dank die Geduld und hat uns The Last Guardian nicht vorenthalten.
Trotzdem bleibe ich dabei, ohne die Macken bei Steuerung und Kamera könnte es noch so viel besser sein. Im Grunde unterstreicht es ja nur seine artistische und narrative Qualität, mir trotz dieser Macken positiv in Erinnerung zu bleiben.